Psychotherapie – Ein wunderbares Hilfsangebot, mein wirkliches ICH zu finden

Psychotherapie ist harte Arbeit für mich selbst

Ich bin seit 7 Jahren in psychotherapeutischer Therapie. Ich habe viele Stunden Verhaltenstherapie absolviert und bin jetzt seit 1 Jahr in der ambulanten Traumatherapie. 

 

Immer wieder begegnet mir Abwertung und Ablehnung in Bezug auf eine Therapie.

 

Aus diesem Grund schreibe ich heute über meine Erfahrungen mit der Psychotherapie. Dabei ist es unerheblich welche Form der Therapie es ist.

 

Psychotherapie ist nicht einfach und das hat vielfältige Gründe. Der Weg, das Thema, die Aufgabe, meine Wochenerlebnisse, mein psychische Verfassung, meine Motivation und meine Sicht auf mich selbst und meine bisherigen Erfolge. Oft stehe ich mir selbst im Weg. 

 

Obwohl ich schon so viele Jahre dort hin gehe, ist es immer wieder Überwindung. Überwindung mich aufzuraffen, mich zu waschen, anzuziehen, mit Bahn und Bus zu fahren und bereit zu sein, über mich selbst, meine Erlebnisse, zu sprechen. Es fällt mal schwerer und mal weniger schwer.

 

In einer Therapiestunde liege ich nicht auf dem Sofa und erzähle aus meinem Leben. Nein ich sitze meiner Therapeutin gegenüber. Genau gegenüber, da ich wieder lernen möchte, anderen Menschen in die Augen zu sehen. Ich weiß vor Beginn der Stunde oft nicht, wohin heute „die Reise“ geht. Auch wenn ich denke, ich habe kein Thema, hatte ich noch nie eine leere Stunde.

 

Meine Therapeutin gibt kein Thema vor. Sie gibt keine Antworten. Sie sagt mir nicht wie es geht. Sie fragt. Sie hinterfragt. Es werden nur Themen besprochen, die ich selbst wähle oder die sich aus einer erlebten und ausgesprochenen Situation ergeben. Natürlich bringt sie mich hier und da auch auf den Boden der Tatsachen zurück. Aber das brauche ich manchmal, da ich oft viel zu hohe Anforderungen an mich selbst stelle. Das ist nicht förderlich, sondern setzt mich unter Druck und behindert mich. Dann kommt ein STOP – Pause einlegen – innehalten und üben was ich bisher gelernt habe. Damit habe ich dann so meine Probleme. Innehalten ist schwer für mich, ich will immer weiter, weiter … Immer wieder übe ich geduldig zu sein, mit mir selbst und meinen Forderungen. Das Leben ist so wahnsinnig schnell. Ich selbst habe ja stets auf der Überholspur gelebt. Jetzt geht alles langsam, ganz langsam. Na und? Es geht voran, in ganz kleinen Schritten, aber es geht voran.

 

Die Therapiestunden sind sehr anstrengend. Immer. Selbst wenn ich „ein leichtes Therma“ habe, beansprucht mich das Therapiegespäch voll und ganz. Immer wieder in mich hinein hören, erinnern woher das Gefühl kommt, woher kommt die Angst, woher kommt die Hilflosigkeit, gehört das Gefühl in die Vergangenheit oder in das Jetzt. Immer selbst die Antworten finden, auf die vielen Fragen die sich mir stellen. Kleine Probleme, Alltagssorgen bauen sich oft zu großen Bergen, in mir auf. In der Therapie werden sie wieder zu dem was sie sind, kleine Probleme, die ich bewältigen kann.

 

Erkennen und begreifen, dass ich nicht perfekt sein muss. Das Fehler sein dürfen.

Lernen achtsam zu sein mit mir selbst. Mich selbst zu fragen, für wen ich die Entscheidung treffe. Entscheidungen treffen, die mir selbst gut tun. Das heißt auch konsequent NEIN zu sagen, es selbst auszuhalten. Erkennen wie ich gehandelt habe und warum, warum ich nicht anders handeln konnte, aber alles getan habe was ich konnte. Immer und immer wieder erkennen, das alte Glaubenssätze (Selbstverständlichkeiten im Denken und Handeln) mich prägen und daran arbeiten diese zu verändern, weil sie jetzt in meinem Leben keinen Platz mehr haben. Schritt für Schritt zu lernen, dass ich nicht sein muss, wie mich andere haben wollen. Das ich sein kann, wie ich bin, weil ich gut bin, wie ich bin. Ich lerne an mich selbst zu glauben. Mir selbst zu vertrauen.

 

Ich lerne auch bestimmte „Handwerks“-Übungen, wie ich mich selbst aus Gedankenstrudeln, Gedankenschleifen und Angst befreien kann. Hilfe geben dabei Skills – das heißt: Fertigkeiten und Fähigkeiten und Stressregulationen - die ich immer wieder üben muss. Ich lerne diese in Notsituationen, Krisensituationen oder Hochstress-Situationen anzuwenden, um die Situation zu entspannen und handlungsfähig zu bleiben. Zum Beispiel hilft mir ein Igelball dabei, mich im Therapiegespräch nicht selbst zu verletzen. die Fahrt in der Straßenbahn oder das Warten an der Kasse, zu überstehen.

Andere Übungen wie Achtsamkeitsübungen, Imagination und Entspannung werden darüber hinaus gelernt. Für mich sind diese Übungen leider noch nicht umsetzbar, da ich mich nicht darauf einlassen kann und mein Kopf noch seine eigenen Wege geht.

 

Ich lerne über die Erfüllung von kleinen Therapieaufgaben wie: Tagesstruktur einhalten, je Woche eine Alltagsaufgabe erledigen, mir wenigstens 2x etwas Gutes zu tun, mich selbst zu loben bei Erfolgen, selbst wieder einkaufen zu gehen, Glückstagebuch führen, allein in ein Café setzen o.ä. wieder am Leben teilzuhaben, selbst wieder aktiv zu werden. Für mich ist die Therapieaufgabe immer Ansporn und Motivation, es unbedingt zu schaffen. Es ist aber völlig in Ordnung, wenn ich es mal nicht schaffe, aber versuche. Manchmal ist es eine Gratwanderung – z.B. zur Therapie zu fahren – denn Selbstfürsorge steht immer an erster Stelle. Ich darf nicht zu schnell aufgeben, aber auch nicht um jeden Preis losfahren. Alles kann sein, nichts muss sein.

Therapie heißt nicht, der Therapeut weiß was gut für mich ist, gibt mir Lösungen vor, zeigt mir Wege, sagt mir das ich gut bin, sagt mir was ich tun soll und was ich brauche.

 

Therapie heißt, ich finde mit Hilfe und Unterstützung meinen eigenen Weg, den ich allein gehen will. Er baut die Brücken über sie gehen muss ich selbst. Therapie heißt sich selbst zu erkennen, sich selbst reflektieren, sich selbst zu beachten und zu achten, selbst neue Wege zu finden, selbst Antworten zu finden, offen zu sein für Neues und sich verändern wollen. Ohne dem geht es nicht.

Es ist nicht leicht, aber es lohnt sich.

Therapie ist für mich Seelenbalsam.

Therapie ist arbeiten an mir selbst – für mich selbst.