27.12.2018 Kliniktagebuch - Psychoedukation - Flashback/Trigger-Einzeltherapie- Leichtigkeit in den Beinen - Imaginationgruppe - Sporttherapie-Gruppenfreizeit

Kliniktagebuch 27.12.2018

Ein langer Therapietag ist heute zu Ende. Ein Tag mit heftigen Ausbrüchen positiv und negativ. Ich bin froh, dass der Tag vorbei ist und ich nun Zeit für mich habe, allein auf dem Zimmer. Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.

 

Ich habe einen heftigen Trigger mit Flashback überstanden. Stop gesagt und die Gruppe verlassen. Ich habe mir Hilfe gesucht. Die Einzeltherapie hat mich dann wieder in die Bahn gebracht. Dazu habe ich etwas bisher Einmaliges erlebt. In einer Übung, fand ich die Leichtigkeit des Seins.

In der Sporttherapie habe ich meine 6 Stadionrunden auf dem Laufband geschafft.

Am späten Nachmittag war dann noch Gruppenfreizeit (Therapieeinheit). Ich erlebte eine offene und gute Gruppenrunde, die Geburtstag feierte. Es war eine angenehme Runde.

18.30 Uhr hatte ich den Therapietag geschafft.

Psychoedukation - Wissen und Hintergründe zur PTBS

Thema: PTBS - Vermeidungen - Auswirkungen - Kennzeichen - Beginn und Verstärkung der Symptome ...

Da war es. Ein Wort und es war wie ein Schlag gegen über den Kopf. Ein Wort und ich war völlig außer mir. Mich jagten Bilder und Erinnerungen. SUIZID - das Ende der Vermeidungen und vom sozialen Rückzug. SUIZID. Ich dachte damit könnte ich umgehen. Ich dachte ich hätte es für mich gut verarbeitet. Ich dachte ... gar nichts mehr. Ich verließ, die Gruppe um wieder zu kommen. Doch ich merkte, dass es unmöglich war. Ich brauchte Hilfe um zurück in das Klinikgebäude 1 zukommen. Dort ging ich in die Pflege. Ich bekam einen Eispack und ich erzählte über Weihnachten und meine wundervollen Erlebnisse. So konnte ich wieder handlungsfähig im Jetzt werden. Mit Eispack auf dem Kopf ging ich rauchen.  Jetzt sitze ich hier und schreibe, schreibe um mich zu beruhigen, Abstand zu bekommen. In mir sind die Bilder da, die ich niemals gesehen hatte. Mein Bruder, sitzt völlig zerstört am See, verabschiedet sich von der Welt und ....

Ich möchte gerade schreien, laut losheulen und nichts davon geht. Nur die Bilder sind da und der Stein auf meinem Herzen. Es tut so unheimlich weh. Ich weiß niemand konnte helfen. Ich weiß. Und doch sitze ich hier und ,,,

Ein Glück, in einer Stunde ist Einzel-Therapie.

Einzeltherapie

Völlig überspannt, mit Eispack im Genick ging ich in meine Einzelttherapiestunde. Ich war in der Lage zu erzählen was mich so aus dem Gleis gehauen hat und warum. Nein, ich wußte nicht, wie mir die Therapeutin helfen konnte, ich war ja selbst total überrascht, dass das Wort Suizid so ein Hammer für mich war. Sie begann eine Übung mit mir, die volle Konzentration benötigte. Konzentration auf das Hier und Jetzt um mich herum. Nennen sie mir 4 rote Dinge - nennen sie mir 4 grüne Dinge - nennen sie mir 4 Dinge die sie hören - 4 Dinge die sie fühlen. So wurde ich etwas ruhiger, doch die Überspannung blieb. So konnte ich auch nicht auf den notwendigen Augenkontakt achten, der damit auch nicht stattfand. Meine Beine wackelten ohne Pause. Wir sprachen über Vertrauen und Sicherheit, die ich nicht finde bzw. zulasse. (Gedächtniswiedergabe) " Ihre Beine wackeln und werden nicht ruhiger heute. Ihre Beine machen etwas mit anderen. Es ist sehr anstrengend für mich und andere Therapeuten. Auch die anderen Patienten können nicht gut in der Gruppe sein. Es ist belastend für andere. Sie müssen es verändern. Sie müssen an sich arbeiten, im Kopf. Sie müssen gegen ihre Anspannung vorgehen. Sonst macht hier alles keinen Sinn."

Wir sprachen über den nicht stattgefundenen Augenkontakt. Ja, ich übe ihn und ja ich bemerke das ich keinen Augenkontakt aufnehme und reguliere es. Das funktioniert noch nicht immer. "Ich möchte Augenkontakt mit ihnen, sie authentisch erleben".

In der Abschlussrunde forderte sie mich auf, ihr in die Augen zu schauen, ohne Worte. Ich schaute ihr in die Augen. Eine ganze Weile. Dann veränderte ich mich. Ich wurde ruhig, immer ruhiger und leichter. Langsam fingen meine Nerven an durch meinen Körper zu schwingen oder zu kullern. Es war so unwirklich und so ganz anders. Meine Beine wurden still. Sie wurden leicht. Ich erlebte eine wohltuende vertraute Leichtigkeit. Mir kribbelt es in den Nervenbahnen bis in den kleinen Zeh. Ich bekam sogar Gänsehaut. Es war als wenn kleine Sonnenperlen durch mich kullerten. Nervenperlen, wie die kleinen Wasserperlen, vom letzten Sonnenlicht durchflutet, am Meer. Es war geil. Es war cool. Es war unglaublich.

Imagination - Die bewusste Entscheidung zu träumen

In die Imagination ging ich mit 2 Problemen. 1. meine wackelnden Beine. 2. meine bisherigen Misserfolge. Ich saß auf einem Sessel, wo es mir gelang die Beine ruhiger zu halten. Natürlich war diese unmögliche Körperhaltung auch nicht über den Imaginationszeitraum aufrecht zu halten. Irgendwann musste ich mich ordentlich hinsetzen. Heute war "Der innere sichere Ort" das Thema. 

Der Therapeut beginnt mit leiser und unheimlich ruhiger Stimme die Imagination.

Ich konnte weder wirklich den Worten folgen, noch gelang es mir mich einzulassen oder wenigstens ruhiger zu werden. Ich schaute auf die laufenden Zeiger einer Wanduhr, dachte nur an meine wackelnden Beine und hoffte darauf, dass sie nicht zu hören waren, somit nicht störten. Doch ich schaffte es im Raum zu bleiben. Ich hatte niemanden gestört. Alle hatten sie ihre Imagination mehr oder weniger, aus eigenen Gründen.

Gruppenfreizeit

Eine Therapie-Einheit vor der mich gruselte. Aus der Erinnerung heraus, von meinem ersten Aufenthalt in der Klinik, was die Gruppenfreizeit nur negativ besetzt. Da geht man hin, kommt wann man will, hat kein Thema und bringt die anderthalb Stunden irgendwie hinter sich. 

Die Gruppenfreizeit war anders. Schön als ich herein kam, war das erste eine herzliche Begrüßung. Alle saßen dicht beieinander um den kleinen Tisch. Die Gruppe sah so klein aus und doch waren alle da. Es war eine gute Stimmung und ich erfuhr leider erst jetzt, dass X. heute Geburtstag hatte. Sie saß glücklich und fröhlich da und amüsierte sich über mein "dummes" Gesicht. Wir saßen beieinander und schwatzten, lachten, aßen aus einem Becher veganes super leckeres Eis, knabberten dies und das. X. saß mir zu Füßen. Sie schaute hoch und fragte mich ob es für MICH ein Problem ist, dass sie dort sitzt? Für mich? Nein, doch eher für sie, da ja meine Beine wackeln. Nein, sie hatte kein Problem. Nein meine Beine sind kein Problem kam aus der Gruppe. Es waren schöne anderthalb Stunden, die schnell verflogen. Diese Gruppe ist anders. Es gibt eine Verbindung untereinander und auch zu mir, trotz wackelnder Beine.

Gedankenwirbel

Über all dem stehen aber die Gedanken um meine wackelnden Beine. Die Aussagen dazu machen mir unendlich Druck und Angst. Was ist, wenn ich sie nicht ruhig bekomme. Wenn all die Versuche, meine Anspannung zu besiegen, Vertrauen aufzubauen und Sicherheit zu spüren, nicht funktionieren bzw. meine Beine nicht ruhig bekommen? Warum ist der Focus so hart auf meine wackelnden Beine ausgerichtet? Ich schaffe so viel gerade. Ich habe aber das Gefühl, dass ist nicht wichtig und nicht ausreichend, weil meine Beine nicht aufhören zu wackeln. 

Selbst meine Gedankengänge zu diesem Thema sind nicht richtig. Ich fühle mich auf meine Beine reduziert, ich kann es nicht wegschieben, auch wenn es wohl mein falscher Ansatz ist. Andere sind dadurch gestört und belastet. Ich muss es verändern, an mir arbeiten. Andere?