In der Hölle der Angst, dich zu verlieren. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Unsere Liebe trägt uns.

Meine Gefühle im Angststrudel

Eine negative Diagnose bricht Welten der Erinnerungen auf. Es vereinen sich in mir, große Angst, Hilflosigkeit, (Erwartungen), Erfahrungen diesseits und jenseits, Scham, Selbstvorwürfe, Gedankenstrudel, Mitgefühl und die harte Sicht auf die Endlichkeit des Lebens. 

 

Endlich, kann ich schreiben und schon ist von Erwartungen die Rede. Jeder Mensch ist anders. Jeder Mensch geht anders mit Krankheiten um, einer offen und ein anderer zieht sich zurück. Andere setzen eine Maske auf, die den wahren Menschen nicht zeigt, glauben sie.

 

NEIN! Nein, hier geht es nicht um Erwartungen oder Vorwürfe. Hier geht es um meine Gedankenstrudel, nicht mehr und nicht weniger. Es ist meine Art der Verarbeitung, um nicht verrückt zu werden.

 

Angststrudel, Selbstfürsorge & Miteinander

Ja, ich bin besonders sensibel und dazu noch im beständigen Ringen mit der Dame in Schwarz und meinen eigenen traumatischen Symptomen. Das ändert aber nichts daran, dass ich ein Mensch bin und auch meine Bedürfnisse habe. Ich darf Bedürfnisse haben, auch wenn mein Mann krank sein könnte oder sein wird. Das heißt nicht, dass ich all meine Befindlichkeiten und Bedürfnisse streichen muss. Das ich alles ertragen und hinnehmen muss.

 

Ich versuche meinen Mann zu schützen und so mitzunehmen, dass er diese (meine) Krankheit verstehen kann, so weit das geht. Ich möchte, dass er weiß was gerade vorgeht, wie ich mich "fühle", was ich denke. Um handlungsfähig zu bleiben, irgendwie diese wahnsinnige Angst zu bändigen, Therapie oder Themen zu verarbeiten, schreibe ich. Ich schreibe meine Gedanken und Gefühle auf, für eigene Reflektion und Verarbeitung.

Das ist jetzt, mit der Diagnose meines Mannes, ebenso. Ein Glück kann ich es wieder, denn mein Kopf ist eine Gedanken-Achterbahn und bisher hat eine Schreibblockade mein Schreiben verhindert. 

 

Meine Gedanken und Gefühle zum Thema PSA-Werte und möglichen Folgen, haben nichts damit zu tun, dass ich meinem besten Ehemann der Welt Vorwürfe mache und Forderungen an ihn stelle. Wir sind jetzt an der Stelle, wo wir Beide üben, miteinander, diese neue Situation zu bewältigen, ohne das einer von uns daran zerbricht.

 

Noch ist gar nichts passiert. Es gibt "nur" einen PSA-Wert. Aber die Angst ist bei uns Beiden spürbar vorhanden. Jeder von uns ist einzigartig, heißt: jeder von uns hat seinen eigenen Weg, damit umzugehen. Doch passen wir BEIDE auf, uns dabei nicht zu verlieren. Wir üben, mit unseren unterschiedlichen Handlungsweisen umzugehen und einen Weg zu gehen, der uns beiden Luft lässt. 

 

PSA-Diagnose & Auswirkungen

Es gibt Verhaltensweisen die sich wiederholen. Normal, der Mensch ist ein Wiederholungstäter und seine Prägungen lassen ihn handeln. Wir stehen noch am Beginn und sind beide tief getroffen, von dem was da gerade über uns hereinbricht. Alles kann und nichts muss sein. Wir haben Beide Angst und unsere Gedanken gehen hier und dahin. Wir haben Beide unsere Verhaltens- und Denkmuster, denen wir folgen.

 

Mein Mann hat die unheimliche Gabe, seine Ängste und Gedanken abzuschalten. Er kann am Tage, auf Arbeit seinen Job machen, ohne dass er beeinträchtigt ist. Auch mir gegenüber zeigt er keine Veränderungen. Seine Maske sitzt. Er macht seine Ängste, Sorgen und Nöte mit sich selbst aus, trifft seine Entscheidungen und möchte nicht zeigen wie es ihm geht.

Nein, er muss hier nicht rumsitzen und jammern, mit mir beständig dieses Thema wälzen. Ja, es sind seine Entscheidungen, seine Ängste, seine Diagnose.

 

Nein, ich kann mit dieser Art und Weise nicht umgehen.

 

Wir haben Beide, mit meiner Krankheit gelernt, wie wichtig es ist den anderen mitzunehmen, teilhaben zu lassen. Gemeinsam trägt es sich besser, ist es leichter. Derzeit zerbreche ich daran, zu spüren wie betroffen er ist und überhaupt nicht zu wissen wo er gerade steht. Ich fühle mich elend, weil er eine Maske trägt und denkt er könne sich vor mir verstecken.

Warum?

Weil er eben ein Mann ist und weil er es sein Leben lang so gemacht hat. Er hat immer für sich allein gekämpft. So jetzt auch. Ihm ist nicht bewusst, wie sehr es mich trifft und meine Ängste noch verstärkt. Ich bin mir sehr bewusst, dass meine Gefühle und Ängste nicht alle in das Jetzt gehören, sie werden "nur" getriggert.

Ja, ich weiß die Antworten auf meine Warum-Frage und doch helfen sie mir nicht, in meiner unbändigen Angst.

 

Gefühle werden getriggert

Ich fühle mich furchtbar,

  • weil ich bemerke wie er für sich allein kämpft.
  • weil ich mich hilflos, ignoriert und ausgegrenzt fühle.
  • weil ich bemerke, dass meine Worte im Nichts verhallen und Worte anderer Personen Gewicht erhalten und Handlungen bewirken.
  • wertlos, wenn er mir nicht zuhört, kein Wort bei ihm ankommt. 

  • weil meine Angst da ist, vor dem was kommt und vor mir selbst und sich mit Angst aus der Vergangenheit verbündet.
  • weil miteinander stumm die Diagnose totschweigen, mir den Halt nimmt.  

 

Ich fühle mich hilflos, allein gelassen, dumm, nutzlos und ignoriert. Diese Gefühle(Gedanken) sind ein Teil meiner  Prägung und Krankheit. Ich kenne all diese Gedanken gut. Sie sind in mir noch stark verankert. Doch jetzt mit dieser Diagnose und der bisherigen Handlungsweise meines Mannes, werden sie noch verstärkt und hart angetriggert.

 

Jetzt helfen keine Skills, um vor allem meine Angst in Grenzen zu halten. Es hilft mir auch nicht, meine Gefühle durch Diskriminierung zu reflektieren und in die Zeit zu verweisen, in die sie gehören. Ich weiß, ich bin nicht hilflos ausgeliefert, bin nicht wertlos oder dumm. Ich lebe mit dem besten Ehemann der Welt zusammen und für ihn bin ich wertvoll und eine "ganz besonderer Mensch". 

 

Gemeinsam Erfahrungen & Erkenntnisse

Wir haben oft miteinander gesprochen, in den vielen Therapiejahren. Mein bester Ehemann der Welt sagt selbst: ich schätze es sehr, dass du mich in diesen Themen so gut mitnimmst und du es mir nicht gleich tust. Es ist uns Beiden sehr klar, würden wir nicht miteinander reden, sagen was wir fühlen und denken, gäbe es diese Beziehung nicht mehr. Wir wären Beide daran zerbrochen. Wir können uns nichts vormachen, wir kennen uns zu gut. 

 

Wir haben gemeinsam erleben müssen, wie es ist, wenn Informationen kommen, wenn alle Messen gesungen sind und wir nichts mehr tun konnten. Wie uns das Beide mitgenommen hat. Wir wir Beide, mit unserem Unverständnis und Fragen allein waren. Nein, das ist nicht was wir Beide wollen. Es bereitet zuviel Schmerz.

 

Ja, unser gemeinsames Leben, hat inzwischen viele positive Veränderungen erfahren, die wir Beide gemeinsam bewältigen. Wir sind Beide gewachsen und zusammen gewachsen. "Unsere Beziehung ist ganz besonderes", sagt mein Mann sehr oft.

 

Es fühlt sich Scheiße an, wenn ...

Ich möchte nicht mehr totschweigen, verschweigen oder wortlos hinnehmen, was um mich herum passiert und meine Lieblingsmenschen betrifft. Ich kann das nicht mehr und ich will es nicht mehr. Mühsam lerne ich meine Bedürfnisse und Grenzen zu beachten, auszusprechen und einzuhalten. Gerade jetzt ist es wichtig sie weiterhin zu beachten. Nein, ich kann die Welt nicht retten. Ich will es auch nicht. Ich bin an Michaels Seite, ich fühle und leide mit ihm und wir werden es gemeinsam durchstehen. Manchmal passe ich auch auf ihn auf, damit er für sich selbst sorgt.

 

Ich glaube, ein guter Weg um Schmerz und Gedankenstrudel zu vermeiden, ist ein offener Umgang mit unseren Krankheiten. Kein wochenlanges totschweigen oder verschweigen. So haben alle Beteiligten die Möglichkeit sich auf die Gegebenheiten und vielleicht das Kommende einzustellen und es zu akzeptieren.

 

Es fühlt sich SCHEIßE an, wenn der Mensch, den man von Herzen liebt, irgendwie allein eine Hiobsbotschaft durchstehen will und alles andere einfach abhakt. Auch wenn er nur versucht zu überleben und handlungsfähig zu bleiben. Für den Menschen an seiner Seite bedeutet es puren psychischen Streß. Dabei ist es unerheblich ob dieser Mensch gesund oder selbst krank ist.

 

Gewitter der Angst

Wie immer. Ich habe ausgehalten, gewartet, akzeptiert ... Ich habe versucht mit mir selbst klar zu kommen, den Halt nicht zu verlieren.

Wir sitzen gemeinsam am Tisch. Irgendeine Nachricht, irgendein Satz, bringt mein Fass zum überlaufen. All meine Angst platzt heraus. Ein heftiges Gewitter zieht über den Tisch. Es zieht vorbei. Jetzt wissen wir, wie wir denken, fühlen, welche Entscheidungen anstehen und gefällt sind, wie wir gemeinsam gehen. Erst einmal ist es in mir leichter. Ich bekomme wieder Luft. Unsere Liebe trägt uns, ganz sicher. Das wissen wir BEIDE.

In der Hölle der Angst, dich zu verlieren. Die Hoffnung stirbt zuletzt, unsere Liebe niemals!