Meine letzte ambulante Traumatherapie-Stunde. Ein Wegabschnitt über 3 Jahre ist nun zu ende. Ich habe keine Wahl. Meine Zweifel bleiben.

Meine letzte ambulante Traumatherapie-Stunde

Heute war meine letzte Traumatherapie-Stunde.

Begonnen hatte mein Weg der Traumatherapie, mit dem Wechsel des Psychiaters Ende 2015. Meine jetzige Psychiaterin hat 2016 die Diagnose PTBS hinzugefügt. In der Verhaltenstherapie fühlte ich mich nicht mehr wohl. Ich entschloss mich daher für einen ersten stationären Aufenthalt in der Traumaklinik hier in Dresden, was meine Psychiaterin sofort förderte. 

Nun habe ich 2 x 12 Wochen stationäre Traumatherapie gemeistert und die 2  Jahre dazwischen ambulante Traumatherapie bewältigt. Mit meinem letzten Aufenthalt (Nov.2018-März2019), kam die Entscheidung meiner dort behandelnden Therapeuten, der Klinikleitung und meiner ambulanten Therapeutin (die in der Klinik arbeitet) meine Traumatherapie, nein jede Therapie zu beenden. Jetzt sollte ich all mein Wissen in die eigene Verantwortung übernehmen und umsetzen und ohne jegliche Therapie leben. Bis heute, wurden meine letzten bewilligten ambulanten Therapiestunden geleistet. Meine Therapie wurde "ausgeschlichen".

Die letzte Stunde - Luft rauslassen, Wut und Angst füllen den Raum

Vier Wochen waren jetzt vergangen. In der Zwischenzeit kam die PSA-Diagnose, die mein Befinden stark beeinträchtigte. Meine Therapeutin sah sofort, dass die Luft brannte. 

Ein kurze Eingangsfrage und meine Gedanken, Ängste, Wut - alles was da in mir tobte, brachen ungefiltert über meine Therapeutin herein. Sie unterbrach mich nicht, obwohl ich sah, dass sie sich gerade ärgerte. Das war mir egal. 

Ich schlug um mich, wörtlich. Ich konnte nicht mehr, es musste raus.

Ich schlage nur noch um mich, bin wütend auf die Welt, auf Deutschland, auf das Gesundheitssystem, auf die Diagnose, auf die Krankenkasse, auf Michael, auf mich ...

Ich erzählte

  • von dem Arztwechsel, meine Terminen, meinen und Michaels Befunden.
  • von meiner Angst, die sich mit der Angst aus der Vergangenheit verbunden hatte.
  • von meiner Wut, dass wir als Kassenpatienten nicht mal übergreifend informiert werden, sondern einfach vom PSA-Wert in die Biopsie geschickt werden ....
  • von meiner Angst, dass sich Michaels Verhalten in der Krankheit, sich wiederholt.
  • vom totschweigen, lächeln und Maske aufsetzen, aufgrund der PSA-Diagnose.
  • von meinem Kampf, das Thema miteinander zu besprechen, alle Betroffenen (Kinder) einzuweihen.
  • von meinen Gefühlen, allein gelassen zu werden, mit dem Thema.
  • von meinen Gefühlen, meiner Angst, meine Suizidgedanken
  • davon, dass ich nicht seine Maske sehen möchte, sondern ihn will wie er ist und nicht geschönt.
  • davon, dass Themen erst relevant werden, wenn die Kinder diese bestätigen, ich nicht ernst genommen werde oder er mir gar nicht zuhört.
  • davon, dass ich doch nur mit ihm gehen möchte und nicht irgendwo im Wald stehen gelassen werde.
  • von meiner Wut auf sie und die Klinik, mich deshalb auch nicht bei ihr gemeldet zu haben
  • ....

Es brach heraus, unsortiert und teilweise ungewollt.

 

Stop - Gedanken sortieren - Alte Verhaltensmuster erkennen

Meine Therapeutin war echt wütend. Ich sah es ihr an und sie sprach es auch aus. Gemeinsam gingen wir daran, den ganzen Wust zu sortieren und einzureihen. 

  • Sie werfen alles was sie gelernt haben weg
  • Alles was sie hart erkämpft haben, ist ihnen jetzt egal
  • warum handeln sie nicht, sprechen klar und deutlich aus, was sie wollen
  • Es ist eine Diagnose, die so oder so oder so ausgehen kann, kein Grund alte Verhaltensmuster anzunehmen und nicht zu kämpfen für sich selbst.

Ja, sie haben das Recht, klar und deutlich zu sagen, was sie möchten, was sie wollen.

  • Ihr Mann kann genau jetzt lernen, dass es so NICHT geht.
  • Er merkt nicht, dass er sie mit seinem Verhalten NICHT schützt.
  • Miteinander und mitnehmen sind keine unerfüllbaren Wünsche. Sie haben ein Recht darauf.
  • Sie müssen sein Verhalten NICHT hinnehmen. Er ist nicht Schutzbedürftig. Das können sie NICHT leisten.
  • Sie haben die richtigen Gedanken und Wünsche. Werfen sie diese nicht weg. Sprechen sie diese aus!
  • Verdammt noch mal, reden sie und fordern sie ein, dass er ihnen auch wirklich zuhört und sie KEINE Maske sehen wollen. 
  • Frühes mitnehmen von allen in der Familie ist der richtige Weg. So kann sich jeder darauf einstellen und niemand muss die Sorge allein tragen.
  • Sagen sie ihm, dass er alte Fehler wiederholt, wider besseren Wissens.

Ja, sie sind krank und sie können nicht alles leisten. Das macht sie aber nicht minderwertig und dumm.

  • Sie sind in einer Ausnahmesituation, da muss nicht alles funktionieren.
  • Sie wenden Übungen an. Gut. Hören sie nicht auf, auch wenn es nicht funktioniert. Es kommt der Tag, da funktioniert es wieder.
  • Sorgen sie für sich, verdammt noch mal.
  • Ihre Angst darf sein! Nehmen sie die Angst an.
  • Es ist das Alter, auch die Zeit im Leben, dass Krankheiten kommen. Das ist so. Diese Diagnose und andere Krankheiten können sie nicht verhindern, vermeiden oder totschweigen.
  • Sie können die Diagnose nicht ändern und alles weitere nicht beeinflussen, auch wenn sie aufgeben.

Diagnose als Chance nehmen

Meine Therapeutin, sagte am Ende der Stunde einen Satz der in mir hängen blieb: "Diese Diagnose kann ihre Chance sein, zu verändern, was nicht zusammen passt. Vielleicht ist es ja doch ein Fehlalarm, dann wissen sie fürs nächste Mal, wie es nicht geht.

 

Mir wurde sehr klar, dass sie Recht hatte.

  • Jetzt kann ich üben, mich klar zu äußern. Nicht "ich fühle mich ... - Nicht "weißt du wie es mir damit geht, wenn ... - Nein! Klar und nachdrücklich sagen, wie ich über das Thema denke und was ich will.
  • Mir ist klar, dass ich keine Erkenntnisse erreiche, wenn ich es nicht ausspreche.
  • Nein, ich werde ihn nicht erdrücken und völlig umkrempeln. Das ist unmöglich. Das will ich auch nicht.
  • Ich will mit ihm gehen! Gemeinsam die Lasten tragen, macht sie leichter. Totschweigen ist Gift für jede Beziehung.
  • Maske tragen ist unnötig, weil ich ja doch hinter die Maske sehen kann und vor allem auch fühlen kann.
  • Er kann mich nicht schützen, wenn er eine Maske trägt, allein kämpft, allein Entscheidungen trifft und wir nicht miteinander reden.
  • Es geht nicht darum, dass er SEINE Entscheidungen trifft, es ist seine Diagnose und seine Krankheit. Es geht um das Miteinander. Wozu sind wir sonst verheiratet? In guten wie in schlechten Zeiten. 

Das Ende meiner Traumatherapie

Es blieb nicht mehr viel Zeit. Ein Fragebogen zu meinem Befinden musste noch ausgefüllt werden. Es tat mir leid, dass dieser nicht widerspiegeln konnte was die Therapie erreicht hatte. Ich sollte jetzt, jetzt in meinem Ausnahmezustand ehrlich beantworten, was ich auch tat. 

 

Mein Geschenk erfreute die Therapeutin sehr. Jetzt hatte sie eine Julekugel, Sand, Hühnergott, Muscheln und Kiesel aus Dänemark. Vielleicht würde sie ja mal dort Urlaub machen.

 

Abschied: " Ich wünsche ihnen alles erdenklich Gute. Kämpfen sie, sie können es. Sie haben so viel erreicht, so hart gekämpft, geben sie nicht auf. Ich drücke ihnen für ein positives MRT die Daumen, ganz fest. Wenn sie Hilfe brauchen, melden sie sich bitte bei mir. Wir können auch 12 Akut-Therapiestunden beantragen. Vielleicht sehen wir uns ja auch in der Klinik mal wieder".

Erst draußen wurden mir ihre Worte bewusst. Wie jetzt? Fragen ...

Es war ihre Entscheidung und die der Klinik-Therapeuten: Kein 3. Klinikaufenthalt und keine weitere ambulante Traumatherapie.?????? Akut? Ich will nicht wieder akut! Klinik????