Ich habe keine Kraft für das Leben. Es wird so oft ausgesprochen und doch lebe ich noch und andere Betroffene, um mich herum, auch noch. DAS IST GUT SO!

Keine Kraft für das Leben - Zwiegespräch

Gestern wieder, las ich diesen Satz: Ich habe keine Kraft für das Leben.

 

STOP!So geht das nicht!

Ja, ich kenne es sehr gut und ich sage diesen Satz auch sehr oft. Aber es sind die DEPRESSIONEN. Sie bewirken BEEINTRÄCHTIGUNGEN. Sie nimmt dir mehr Kraft und mehr Motivation. Das ist so!

Warum ärgerst du dich darüber, dass du beim Hausbau deines Sohnes außen vor bist? Hast du mal daran gedacht, dass dein Sohn, wie auch dein Mann, dich schützen wollen, dich nicht auch noch, damit belasten wollen? Warum willst du wann und wo sein?

Nimm bitte an, dass deine Männer auch ohne dich, das Haus bauen können und freue dich darüber. Freue dich darüber, das sie ein Haus bauen für deinen Sohn! Wenn du die Erkältung geschafft hast und du dich belastbar fühlst, motiviert bist, frage einfach ob du auch etwas tun könntest, damit es dir besser geht, damit du nicht das Gefühl hast nicht gebraucht zu werden. Ach liebe Erna (fiktiver Name), nimm bitte deine Kraft, für dein Leben. So wie es ist, ist es und du leistest jeden Tag, was du eben kannst. Ich nehme dich aus der Ferne ganz lieb in den Arm.

 

Ich habe keine Kraft für das Leben. Ich bin zu schwach für das wirkliche Leben.

Immer wieder denke, sage, lese und höre ich diese Worte.

 

Vor zwei Wochen sprach ich selbst noch diesen Satz. Gestern erst las ich ihn wieder in meiner Selbsthilfegruppe. Ich habe sofort ein STOP gesendet, weil ich mir ganz sicher war, dass diese Aussage falsch ist. Seit dem kreisen diese Gedanken in mir und nun versuche ich sie zu ordnen, für mich selbst und für all die Betroffenen in meiner Selbsthilfegruppe.

 

Damit ich bestimmte Beispiele benennen kann und weil ich mir sicher bin, dass es sehr viele von uns Betroffenen betrifft, schreibe ich heute für uns! Achtung, ich bin keine ausgebildete Therapeutin. Ich schreibe hier von meinen Gedanken, meinen Lösungsansätzen und meinen Erkenntnissen. In erster Linie, soll diese Auseinandersetzung zum Thema, mir selbst helfen. Ich bin mir aber sicher, dass sie auch einigen von euch weiterhilft. 

 

Glaubenssätze aus der Vergangenheit behindern uns heute

Ich habe keine Kraft für das Leben. Ein Satz der vollgepackt ist mit unseren Selbstzweifeln, unseren Selbstforderungen und unseren eigenen Erwartungen an das Leben. Dieser Satz kommt stets, wenn es uns nicht gut geht, wenn wir in Gedankenstrudeln festhängen, wenn wir von bestimmten Alltagsanforderungen oder Probleme überfordert sind und eine Lösung nicht finden. 

 

Fest implementierte Glaubenssätze, im Unterbewusstsein, lenken uns dabei.

Unser innerer Kritiker und unser inneres Kind bestimmen unsere Gedanken. Sie greifen auf ihre Erfahrungen zurück, die sie von unserer Geburt an gesammelt haben. Sie wollen uns schützen. Sie sind darin sehr gut, denn bisher haben wir ja alles gemeistert, wir haben überlebt! 

 

Von welchem Leben sprechen wir?

Hinterfragen wir aber unseren Satz - ich habe keine Kraft für das Leben -, hinterfragen wir warum wir ihn äußern zeigt sich der wahre Hintergrund.

 

Von welchem Leben sprechen wir?

Welche Forderungen und Erwartungen sind sofort damit verbunden?

 

Ich glaube wir sprechen von dem Leben, dass Gesunde mit „normalem“ Leben bewerten würden. Wir gehen von dem Leben aus, was wir gelebt haben, bevor die Depression uns krank gemacht hat. Wir erfüllten viele Alltagsaufgaben, gingen arbeiten, versorgten die Kinder, schmissen den Haushalt, erlebten schöne Dinge, lösten Konflikte und Probleme, hatten Energie und Kraft. Sehr vieles, viel uns leicht. Wir haben doch einfach nur täglich getan was getan werden musste, einfach so. Wir haben fast alle die Werte und Normen dieses „normalen“ Lebens in uns und richten uns immer wieder an ihnen aus.

 

Finde den Fehler.

Ich denke, wir ignorieren dabei, dass wir KRANK sind.

 

Ja, wir haben die Kraft für das Leben!

Wir haben nicht die Kraft für das Leben, dass mit unseren eigenen anspruchsvollen Erwartungen/Forderungen und vielleicht auch den Erwartungen/Forderungen der Menschen um uns herum, gefüllt ist! Das ist auch nicht der Sinn des Lebens, wie ich heute weiß.

Wir haben aber alle die Kraft für unser eigenes Leben! Ja, ganz bestimmt! Wir sind krank, nicht tot.

 

Ich denke, nur wenn wir unsere Krankheit akzeptieren, können wir mehr Zufriedenheit und Dankbarkeit für uns selbst erreichen. Das heißt nicht, dass wir uns in der Krankheit niederlassen und jammern. Nein, es heißt nur krankheitsbedingte Einschränkungen anzunehmen, jedem Tag das Beste geben und jedes Tun unsererseits positiv zu werten.

Wir müssen und können nicht mehr überall dabei sein und nicht alles leisten. Das ist so. Alltägliche Abläufe und Aufgaben sind für die meisten Menschen normal. Uns Betroffene stellen sie vor hoher Herausforderungen und erfordern einen hohen Kraftaufwand.